Sonntag, 1. Juli 2007

Eingelebt ?

Ich habe jetzt schon häufig gelesen und gehört, dass ich mich gut eingelebt hätte. Leute, das sehe ich ganz anders! Abgesehen davon, dass der kulturelle Unterschied wesentlich grösser ist als man denkt, bin ich ganz einfach fremd in diesem Land. Gut, ich habe das Glück hier nette Menschen zu kennen und wirklich gute Sachen machen zu können, aber das ändert nichts am Gefühl, diese "Aura des Fremden" um mich herum zu spüren. In "Bremen und umzu" nehme ich mein komplettes Umfeld war. Alles ist gewohnt für Auge und Ohr, jede Änderung sofort spürbar. Feinste Nuancen in der Betonung beim Sprechen verraten ein Stück weit die Gefühle des Gegenübers. Es ist, als würde ich in wohlig warmem Wasser schwimmen. Als ich vor ein paar Tagen in Weil am Rhein war, kam ich mir dort zwar alles genauso fremd vor, aber das allgemeine Verhalten der Leute, diese, ich nenne es mal Grundstimmung, war doch ähnlicher als in Basel. Was das heisst, dürfte klar sein, in Weil am Rhein hatten alle miese Laune ;-) So sind "wir" eben. Immer frei heraus, aber lieber meckern als über die positiven Dinge zu sprechen. Was gut läuft, könnte ja schlechter gemacht werden, also müssen es nicht alle erfahren ;-) Und wenn ich dann so beim Bier in der Hütte sitze und Leidenschaft in meine Intonation dringt, spüre ich eine feine Irritation, die ich aber bisher ignorierte. Aber so geht das eben nicht, ich kann nicht einfach alles ignorieren. Ich will ja nicht zu der Art Menschen gehören, die ihre Kultur anderen Ländern aufdrängen wollen. Scheinbar wirkt dieses laute Sprechen aggressiv und irritiert andere. Bisher dachte ich ja, dass Menschen, die die gleiche Sprache sprechen und die gleiche Religion haben, auch in etwa gleich sind. FALSCH. Apropos Sprache. Nur weil ich zu einem grossen Teil die Worte verstehe, weiss ich noch lange nicht, was gemeint ist. Es sind eben diese feinen Nuancen, die den Unterschied machen. Und nicht nur das, sondern auch der Umstand, welches Wort wann gebraucht wird machen die Kommunikation aus. Schwierige Sache. Und das mir, wo ich doch am liebsten Sarkasmus hoch drei "raushaue". Da werde ich mich beim Arbeiten aber sehr zusammen reissen müssen. So bewege ich mich also durch Stadt und Gesellschaft und versuche, die "Menschen lesen zu lernen". Ach, und dann fahrt hier mal Velo (Fahrrad). 230Km/h auf einer Bundestrasse sind sicher harmloser. In Basel ist man als Velofahrer ziemlich angeschissen. Kaum Radwege, immer mitten im Verkehr und 10cm neben dem Lenker huschen die PKW- Spiegel vorbei. Wenn ich dann aufs Trottoir ausgewichen war, wunderte ich mich, warum mich die Fussgänger so böse anschauen. Hier ist es verboten, auf dem Bürgersteig zu fahren. Ich meine, so richtig verboten, nicht so halb, wie in Bremen. Also rein in den Berufsverkehr. In`s Drängeln, Weg abschneiden, Hupen und unvermittelte Bremsen. Auf meiner Yamaha wäre ich 100 Jahre alt geworden, aber auf nem Velo in Basel werden mir 30 Lebensjahre durch den Stress abgezogen. Ich kann nur schreiben, dass sich kein Mensch in ein paar Wochen in der Schweiz einleben kann. Es ist nicht ähnlich und nicht leicht zu verstehen, dazu laufen zu viele unterschwellige Prozesse, die verstanden werden müssen. Aber ich bringe euch schon noch bei, gute Schweizer zu sein ;-)

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