Samstag, 23. Juni 2007

Klettersteige Engelberg

Brunnistöckli / Zittergrad
Rigidalstock

Begehung: 23.06.2007
Gebiet: Schweiz/Obwalden/Vierwaldstätter Alpen
Anfahrt: SBB bis Engelberg,
Gondelbahn bis Ristis 1600 m,
Sessellift zur Brunnihütte 1860 m
Ausgangspunkt: Brunnihütte
Gehzeiten: Brunnistöckli: Zustieg 15 Min/Steig 45 Min/ Abstieg 15 Min.
Zittergrad: Zustieg 5 Min/Steig 30 Min/ Abstieg 15 Min.
Rigidalstock: Zustieg über Brunnistöckli bzw Zittergrad 1,5 h/Steig 1,5 h/Abstieg 1,5 h
Anforderungen: Brunnistöckli: KS2-0 (einfach, Talnah)
Zittergrad: KS4-0 (schwierig, Talnah)
Rigidalstock: KS3-C (C=Bergtourniveau)
Höhen: Brunnistöckli: Steig 200 m/Gipfel 2060 m
Zittergrad: Steig 200 m/Gipfel 2060 m
Rigidalstock: Steig 215 m/Gipfel 2590 m
Verhältnisse: Bestens!
Super Panorama, kaum lose Steine.
Zittergrad ist sehr ausgesetzt und testet die Nerven.
Kindgerecht? Brunnistöckli: Ja
Zittergrad: nein
Rigidalstock: ja
Unterkunft: Brunnihütte am Sessellift
www.berghuette.ch
tel: 041/637 27 60
Einkehr:
Es hatte zwar ständig nur geregnet, aber wir riskierten es trotzdem
und machten uns auf den Weg nach Engelberg. Sehr phantasievoll, diesen Namen gibt es sicher unter 10`000 mal in Europa. Wir waren eine Gruppe von 9 Personen im Alter von 3 bis 45, was die Suche nach einem Abteil zwar etwas erschwert, aber bisher irgendwie immer von Erfolg gekrönt war. 3h Fahrt mit Umsteigen in Luzern lagen vor uns. Basel ist eben nicht so nah an den Bergen, wie man denkt. Hauptsache, das Wetter ist nicht so mies, wie während der Woche, dann is nix mit Via Ferrata gehen. In Engelberg angekommen, liehen sich alle die Klettersteigsets und Helme, und wir gingen weiter zur Seilbahnstation um in aller Ruhe den Berg hinaufzufahren. Ich sage nur: "Jens ist in der Schweiz." Nachdem die Zuglokomotive schon einen Defekt hatte und uns Angst machte, das wir den Anschlusszug in Luzern nicht bekommen würden, war jetzt die Gondelbahn kaputt. Wie lange?? Auf diese Frage konnte ja nur die offiziell anerkannte Standardantwort der ganzen Welt folgen. "Es muss jeden Moment so weit sein." Wir warteten und warteten, was Kindern ja bekanntlich sehr viel Spass bereitet. Wir vertrieben uns also die Zeit mit Kopfständen, Judorollen und diesen Kung Fu- Aufstellern, was wiederum für Aufsehen im Kassenraum sorgte. Nach gefühlten 3h entschieden wir uns, die Rucksäcke umzupacken und zu laufen. Jetzt drehten die Kinder voll am Rad. Laufen. Die Hölle. Wie kann man nur freiwillig laufen, wenn hier ein warmer, trockener Raum mit einer Gondel zur Verfügung steht. Ist doch egal, wie lange es dauern kann, bis sie repariert ist, wenn man nur nicht zwei Stunden bergan gehen muss. Es war früher Nachmittag, und wir wollten den Tag nicht unten verbringen, falls ein abenteuerliches Ersatzteil benötigt würde, also packten wir alles um, damit Christophe und ich einen grossen Teil der Last tragen würden. Aber sie hatten die Rechnung ohne mein Karma gemacht. Als alles mühevoll und mit langen Diskussionen endlich umgepackt war, funktionierte die Gondelbahn wieder. Mal wieder Glück im Unglück. Es ging, im wahrsten Sinne des Wortes, berauf. Mit der Gondel von 1000m auf 1600m und anschliessend mit einem Sessellift auf 1860m zur Brunnihütte. Das Wetter war trocken und somit brauchbar für eine Klettersteigbegehung . Es lief jetzt bestens. Also rein in die Hütte und.......... warten. Der Flur war gerade gewischt worden. Nach einer Brotzeit, bzw. Vesper, bzw einem zVieri, konnte es losgehen. Schnell die Ausrüstung anlegen und dann endlich starten. Schnell? Ich bin ja erst einmal der Letzte, bei dem es in puncto Ausrüstung schnell geht. Alles muss sitzen, nichts darf im Weg hängen, und es darf gern etwas mehr als das nötigste sein, denn ich will ja für alle Eventualitäten gerüstet sein. Bei den Kindern lag das Problem eher bei den verdrehten Gurten, die kein Normalsterblicher ohne Klettererfahrung einstiegsgerecht entwirren kann. Es brauchte also alles seine Zeit. Gut, das es zu dieser Jahreszeit so lange hell ist, so war es ziemlich gleichgültig wie lange es dauern würde. War es das wirklich? Ja, war es, denn wir schafften es tatsächlich zum ersten Klettersteig, dem Brunnistöckli. Er gilt als leicht, hat einen Höhenunterschied von ca. 200m und sorgt mit zwei Hängebrücken für den nötigen Nervenkitzel der Kinder. Was will man mehr! Wir stiegen also mit 7 Personen ein, denn Kathi und Arianne gingen nicht mit.
Der Steig gilt als mässig ausgesetzt und für Kinder geeignet, was ich nur bestätigen kann. Allerdings werden diese Kinder noch zu ganz anderen Dingen fähig sein. Ob die hohe Zacke im Hintergrund mässig ausgesetzt ist, liegt wohl im Auge des Betrachters.
Jedenfalls hat es richtig viel Spass gemacht, zu sehen wie alle die Via-Ferrata geniessen und sich deren Herausforderungen mit einem Lächeln stellen. Das Wetter war auf unserer Seite und nach ca. 45min hatten alle den Klettersteig "überwunden". Eine wirklich schöne Sache. Endlich mal ein Spielplatz für alle Generationen. Christophe, Moira und ich beschlossen, das Wetter zu nutzen und noch den als schwierig beschriebenen Zittergrat zu erklimmen, weil er auch in einer halben Stunde zu begehen sein soll. Er ist nicht nur wesentlich ausgesetzter, sondern hat auch zwei leichte Überhänge und eine nette Querung. Ohne eine Portion Mut ist hier nix zu wollen. Wie gerne hätte ich an der einen oder anderen schwierigen Stelle eine seitliche Position zum Knipsen gehabt. Man kann eben nicht alles haben. An dieser Stelle macht das Herz dann doch ein paar BpM mehr. Doch dies sollte nicht der letzte aufregende Part sein. Ich ärgere mich heute noch, dass meine lange Bandschlinge im Container liegt und nicht im "Standard Kletterrucksack" war. So konnte ich mich einfach nicht genug aus der Wand hängen lassen um an anderen spannenden Stellen wirklich gute Fotos machen zu können. Aber es ging auch so relativ gut. Natürlich darf ein Foto der Brunnihütte nicht fehlen, in der wir so gut und reichlich bedient wurden. An dieser Stelle ein Lob. Links, vor den Bänken ist die Hütte. Um den Herzlisee herum führt der sogenannte Kitzelpfad, ein Barfussweg mit verschiedenen Untergründen für die Füsse, sowohl an Land, wie auch im Wasser. Kneippen, und Wellness für die Füsse. Gesagt, getan, nach ca. 30min Kletterei kamen wir am Ende des Steigs an, wo er in den Brunnistöckli mündet. Ich persönlich halte die Route nicht für richtig schwer. Man hat, wenn man will, immer fettes Eisen in der Hand, auf Stein kann völlig verzichtet werden. Das, kombiniert mit der kurzen Aufstiegszeit, macht die Ferrata nicht wirklich schwer. Aber Mut braucht man schon, denn es ist zeitweise sehr exponiert. Nach ca. 20min Abstieg liessen wir es uns nicht nehmen die Füsse beim Kitzelpfad zu pflegen und uns zu entspannen. Es wird empfohlen, den Pfad im Storchenschritt zu begehen. Ist das nicht so ein Kung Fu Kram? In der Hütte liessen wir den Abend bei einem feinen vier- Gänge- Menü und der einen oder anderen Stange ausklingen und gingen früh zu Bett, denn der nächste Tag sollte, falls das Wetter gut ist, anstrengender werden, was aber nicht bedeuten sollte, das nicht alle fein ausschlafen. Nix mit früh aufstehen, weil der Berg ruft, so weit geht die Freude am Bergsport dann doch nicht. Das zMorgä war für 09:00h geplant. Hoffentlich liest das jetzt kein Bergführer, der hat um diese Zeit schon 1500 Höhenmeter bewältigt. Am Sonntag sollte der Rigidalstock erklommen werden. Der Weg dorthin führte für Moira und mich über den Zittergrat, während Christophe mit den Kindern über den Brunnistöckli ging. Tatsächlich trafen wir uns fast Zeitgleich am Endpunkt des Zitter- grats. Wir beendeten gemeinsam den Brunnistöckli und gingen anschliessend ca. 1h die Gräte lang zum Eingang des Rigidalstocks. Inklusive der Pausen. Eine Pause mit Trinken und Snaks bei bestem Ausblick, und 15min später eine Pause mit Trinken und Essen. So richtig Essen, mit Brot und Wurst und Äpfeln und anderen, viel zu schweren, Lebensmitteln. Ich werde diese Essgewohnheiten beim Bergsport nie verstehen. Ich für meinen Teil nehme lieber 2 Liter Wasser mehr mit und esse nur ein paar Nüsse. Wenn ich längere Pausen mache, "fangen meine Muskeln von vorne an" und müssen erst wieder warm werden. Aber so ist es eben, eine ausgiebige Pause muss zwingend sein. Also trank ich etwas, ass ein paar Nüsse und versuchte ein Nickerchen zu machen. Es ging nicht, denn es liefen ständig Leute an uns vorbei. Zu unserer allgemeinen Unterhaltung verpassten noch einige "Bergsportler" den Pfad und kletterten über riesige Blöcke. Habe ich schon die Schweizer Damen und Herren erwähnt, die nur zwei Bandschlingen am Gurt befestigt hatten und sich damit sicherten? Null Seildehnung, sage ich nur. Ich bin davon überzeugt, das bei 5m Fall und horizontaler Lage des Körpers, deren Wirbelsäule bricht wie ein Streichholz. Aber es ist ja möglich, dass ich mich täusche. Doch riskieren würde ich es nicht. Allerdings hat das Ganze echten "Mount Everest Flair". Menschen ohne Ende, Stau an der Wand zum Gipfel, ein buntes hoch und runter, bei dem die meisten Leute einfach drauflos gehen, Hauptsache sie überwinden noch zwei Höhenmeter, auch wenn dann "ein Knoten auf der Leiter" ist. Glückliche Ahnungslose und kopf- schüttelnde Berggänger vereint auf dem Weg zum Gipfel. Zwar ohne Schnee und mit genug Sauerstoff, aber sicher sehr ähnlich. Die Besteigung des Rigidalstock dauerte ca 1:30h und wir kamen unbeschadet und nicht sehr erschöpft am Gipfel in 2593m Höhe an. Alles in allem halte ich es für einen netten Klettersteig, der auch leichte Felskletterei beinhaltet und dadurch abwechslungsreich ist. Dazu ein herrliches Panorama, das zum geniessen einlädt. Wir brauchten für die komplette Route 4:30h. Mit "Schweizer Pause" und einem 9- jährigen Jungen. RESPEKT!!

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