Tessin Kurztrip
Was für ein mieses Wetter!
Regen, Sonne, Regen, Sonne, eine scheinbar unendliche Kette dieser
elenden Wetterlage.
Wir beschlossen, ins Tessin zu fahren, denn dort sollte das Wetter
einen Tag später richtig gut werden.
Insgesamt 5h Zugfahrt trennten uns vom sonnigen Süden.
Ich denke, von Bremen aus wäre es egal gewesen, in welche Richtung
wir 5h gefahren wären, geregnet hätte es immer.
Wie gesagt, das Wetter sollte erst einen Tag später gut werden.
Als wir in Intragna, nahe Locarno, am Lago Maggiore, ankamen, sah
es so aus.
Da der Wetterbericht für diesen Nachmittag das schlechte Wetter
gemeldet hatte, hielten wir uns an unserem Vertrauen auf bessere
Zeiten fest und genossen den Anblick, den uns die nasse Natur bot.
Regenwald pur.
Und da die Rustici von innen so urgemütlich, bzw urchig war,
konnten wir seelenruhig im Bett liegen, den Ausblick geniessen und
später ein feines zNacht mit Vie (Wein) verspeisen. Super!
Gemütlicher geht`s kaum.
Nun war ich also im Tessin.
Ich hatte in der Vergangenheit schon einige Reiseberichte gesehen.
Allerdings waren diese Berichte nicht gerade nach meinem
Geschmack, denn es ging eher um die lauschige Natur, schöne
Speisen, nette Wege und ähnliches.
AHV- Wandern also (Alters und Hinterlassenenversicherung).
Nix für mich, leichte Wege und teure Speisen reizen mich ja nicht.
Apropos teuer, die Rustica kostete 60,- SFr plus Kurtaxe und
Kleinkram.
Und da es dort wirklich gemütlich und gut durchdacht war, setze
ich den Link der Feriengemeinschaft Al Forno hier rein.
Mal ehrlich, habt ihr schon mal so einen Fussballplatz gesehen?
Doch zurück zum Wandern!
Das eben diese "Alten" flockige 8h Touren machen, davon war in
den Berichten nie was zu sehen.
Noch unverschämter finde ich es, wie sie dann unverfroren fit im
Bus sitzen und schwätzen.
Ich sitze erschöpft auf meinem Platz, spüre leichte Schmerzen im
Knie (Chneu), der Rücken fühlte sich auch schon besser an und mich
beschleicht das ungute Gefühl, das ich in deren Alter nie und nimmer
solche Wanderungen machen kann.
Ja, ja, das AHV- Wandern.
Der Anblick der Wege, die sich von Dorf zu Dorf durch die Hänge
ziehen, wird vielen bekannt vorkommen.
Dabei sind sie nicht immer nur gemütlich, sondern auch exponiert.
Aber malerisch ist es immer wieder und oft an überraschenden Orten.
Bei dem oberen Bild wunderte ich mich allerdings darüber, dass keine
Kirche vorhanden ist. Die Grösse dieser Gemeinschaft scheint nahe an
der Grenze zu liegen, bei der eine Kirche (Chille) gebaut wird.
Ich meine
damit eine richtige
Kirche, nicht so ein
winziges Pseudoteil.
Oft sahen wir
Gemeinschaften mit
vielleicht fünf
Häusern, und
einer Kirche wie
links. Die Menschen
mussten nie weit
laufen, um sich
ihren Segen geben
zu lassen.
Das bisher beschriebene klingt ähnlich, wie die Berichte, die ich schon
erwähnte. Schöne Wege, urchig, malerisch, gutes Wetter usw.
Was also macht das Tessin reizvoll, wenn man sonst lieber "am Rad
dreht" und wilde Sachen macht?
Mir hat diese besondere Art des Genusses gefallen.
Das Wetter war noch nicht zu heiss, und die Wege verliefen sehr oft
durch diese wunderbar kühlen und lichtdurchfluteten Wälder.
Überall lebt und krabbelt und fliegt etwas. Wir haben sogar zwei
mal Schlangen gesehen. Immer wieder bieten sich wunderbare
Ausblicke, die zum Verweilen einladen.
Und abends, nach einer schönen Wanderung voller Impressionen,
sassen wir dann vor unserer Rustici, tranken Vie und verarbeiteten
unsere Eindrücke. Bei guter Aussicht und mildem Klima.
Dolce Vita, kann ich da nur sagen.
Und wenn das nicht reicht, gibt es immer noch genug Gipfel zu
besteigen. Mann kann zwar nicht mit den Höhenmetern angeben,
aber es geht dabei ja um die Ausblicke, nicht um hochalpine Touren.
Dennoch wollen 757m Aufstieg, 1320m Abstieg und 200m Aufstieg
auch erst einmal gegangen werden. Wir haben dafür, bei ca. 50min
Gesamtpausenzeit, über 7h gebraucht.
Abgesehen davon, dass ein Abstieg an sich schon ein Kniekiller ist,
hat man irgendwann auch keine Lust mehr zu laufen, den das Ziel
war ja schon erreicht. Die Motivation ist irgendwann total im Keller,
aber der Weg noch lang. Das zermürbt!
Plötzlich spürt man alle Muskeln und Knochen, und es nimmt kein
Ende.
Ein anstrengender und langer Aufstieg, mit dem Ziel vor Augen,
ist viel, viel angenehmer als ein langer Abstieg.
Aber man kann es sich eben nicht aussuchen, und wenn man hoch
steigt, muss man eben auch wieder runter. Vielleicht hätten wir
doch lieber über die Bergflanke zurück zur Seilbahn gehen sollen ;-)
So war es im Tessin.
Eine Gegend, die mich sicher wiedersehen wird.
Wahrscheinlich schon morgen, denn das Wetter ist immer noch mies
in Basel, und im Tessin rufen Klettersteige nach mir.